Zum Inhalt springen

Anpassung der Lyocelltechnologie an Additive mit hohem Adsorptions-vermögen für neue Lösungen auf dem Gebiet der Filtertechnik und Schutztextilien

Projektleiter:             Dr. Martin Sellin
Projektnummer        BMWi/ INNO-KOM-Ost, MF 120132
Laufzeit:                     01.01.2013 –  31.12.2014

 

Aufgabenstellung

Der umweltfreundliche Lyocellprozess mit dem Lösungsmittel NMMO hat eine hohe Toleranz für Zusatzstoffe und ermöglicht somit viele funktionale Celluloseprodukte. Ein aussichtsreiches Celluloseprodukt (Fasern, Vliese, Fibride) für Filteranwendungen und Schutzkleidungen ergibt sich wenn große Mengen Adsorptionsmittel (z.B. Aktivkohle, Neutraladsorber, poröse Mineralien) in die Cellulose eingebettet werden können. Dieses ist bisher an der Unverträglichkeit zwischen dem Lyocelllösungsmittel NMMO und Substanzen mit hoher aktiver Oberfläche oder dem Verlust der Adsorptionswirkung gescheitert.

Ziel dieses Projektes war es, das Einspinnen derartiger Absorbermaterialien in Cellulosefunktionsfasern durch eine Anpassung der Lyocelltechnologie zu verbessern. Dazu ist bekannt, dass ionische Flüssigkeiten eine gute Alternative als deutlich weniger empfindliches Direktlösungsmittel beim Einbringen von Aktivkohle darstellen. Bei NMMO in Kombination mit anderen Adsorbermaterialien könnte deren Aktivität im Bedarfsfall durch spezielle Reaktivierungsschritte im Anschluss an die Faserformung wieder hergestellt werden.

Ergebnisse

In der abgeschlossenen Projektarbeit konnten eine repräsentative Zahl an Adsorbermaterialien getestet werden. Hier wurden unterschiedliche Aktivkohlen, Zeolithe sowie Neutraladsorber auf Polymerbasis ausgewählt. Je nach Verträglichkeit wurde entweder auf geeignete ionische Flüssigkeiten, oder wenn möglich auf NMMO zurückgegriffen. Erst zum Ende der Projektlaufzeit wurde gezielt auf ausgewählte, aber repräsentative Beispiele eingeschränkt. Alle Adsorbermaterialien konnten durch Trockenmahlung in den für die Einbindung in technisch anwendbare Regeneratfasern nötigen Korngrößenbereich von D99 < 10 µm gebracht werden.

Zur Bestimmung der Restlösemittelgehalte wurde eine auf der klassischen Elementaranalyse (N-Gehalt) basierende Bestimmungsmethodik etabliert. Die vollständige Charakterisierung der Formkörpermorphologie wurde mit Hilfe der im TITK bereits vorhandenen Quecksilberporosemetrie und N2-Adsorption (BET-Methode) ausgeführt.

Erwartungsgemäß konnte im Fall von hochadsorptiven Aktivkohlen aus Sicherheitsgründen das bevorzugte Celluloselösungsmittel NMMO (Preis, Toxizität, Korrosion, Recycling) nicht verwendet werden. Die Kombination Aktivkohle und Ionische Flüssigkeit verursachte demgegenüber keinerlei Sicherheitsprobleme. Allerdings kommt es in allen Fällen zu einer Deaktivierung/Belegung der Kohle mit dem Celluloselösemittel. Probleme mit Avivagen konnten nicht gefunden werden. Die aus früheren Untersuchungen bekannte Korrosion von metallischen Oberflächen, aber auch Kunststoffen durch Ionische Flüssigkeiten wurde gesondert untersucht und geeignetere Materialien ausgewählt. Im Fall von den anderen Adsorbermaterialien konnte auf NMMO zurückgegriffen werden.

Bei Inkorporation der Aktivkohlen wurden die für den Praxiseinsatz geforderten Trockenfestigkeiten von 15 cN/tex mit Werten von 10-13 cN/tex leicht verfehlt. Die Faserfeinheit lag auf Grund der hohen Gehalte an Adsorbermaterial hauptsächlich bei 6,67 dtex.

Bei dieser Faserfeinheit waren sichere Spinnprozesse auch noch bei 50 Gew.-% Aktivkohleanteil in der Faser möglich. Im Fall alternativer Neutraladsorber konnten Fasern mit Feinheiten um 2 dtex gefertigt werden. Die Trockenreißkraft dieser Fasern mit Werten ≥ 15 cN/tex erreichten den geforderten Wertebereich.

Für eine Anwendung als Adsorberfaser zur Bindung von Substanzen aus der Gasphase war die Kapazität der Funktionsfasern direkt nach dem Erspinnen grundsätzlich nicht ausreichend. Prozessintern war es nur bedingt möglich, die am Adsorber fixierten Restlösemittel quantitativ ausreichend zu entfernen. Als eine bekannte Methode zur Lösemittelabreicherung konnte eine Heißwasserextraktion erprobt werden, die jedoch die Werte nur auf wenig unterhalb von 1 Gew.-% reduzieren ließen. Der im Projekt anvisierte Wert von ≤ 0,1 Gew.-% konnte im Fall Ionischer Flüssigkeiten überhaupt nicht und im Fall von NMMO nur bei einem unverhältnismäßig hohen Aufwand erreicht werden. Insofern wurde eine Aktivierung der Fasern durch CO2-Hochdruckextraktion angepasst und ausgeführt. Dabei ließen sich alle Reste von anhaftendem Lösungsmittels entfernen.

Für Anwendungen zur Sorption aus wässrigen Medien spielte der Restlösemittelgehalt nahezu keine Rolle. Im Kontakt mit der wässrigen Phase konnten NMMO oder die Ionische Flüssigkeit gegen die zu sorbierenden Moleküle problemlos ausgetauscht werden.

Gebrauchte Ionische Flüssigkeiten konnte man nach dem Abdestillieren von überschüssigem Wasser ohne weitere Reinigung wiederverwenden.

Überraschenderweise wurde gefunden, dass es im Gegensatz zu unmodifizierten Cellulosefasern, die aus Ionischen Flüssigkeiten verformt werden, beim Einarbeiten von Adsorberadditiven naturgemäß keine Probleme mit Lösungsmittelverfärbungen oder mit Abbauprodukten gab, die aus dem Abbau der Cellulose oder Ionischen Flüssigkeit herrühren (Adsorption und Austrag durch die gefertigten Fasern). Zur Entfernung von überschüssigem Wasser aus der gebrauchten Ionischen Flüssigkeit hat sich die Verwendung von Dünnschichtverdampfertechnik bewährt. Ohne Probleme wurden die wässrigen Spinnbäder wieder auf die erforderlichen Gehalte von 70 - 90 Gew.-% an Ionische Flüssigkeit aufkonzentriert und ließen sich in dieser Form wiederverwenden.

Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse

Aus den realisierten Arbeitspaketen konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden:

  • es konnten prozessverträgliche Adsorbermaterialien ausgewählt werden
  • geeignete Lösungsmittel und sichere Verarbeitungsbedingungen für die Fertigung von Lyocellfunktionsfasern mit eingebundenen, hoch adsorptiven Aktivkohlen wurden gefunden
  • es wurden positive Prozessansätze für die Reaktivierung der in Cellulose eingebundenen Adsorbermaterialien identifiziert und beispielhaft erprobt
  • eingebundene, synthetische Polymeradsorber konnten allerdings noch nicht ausreichend reaktiviert werden
  • neue Erkenntnisse zur Materialverträglichkeit bei der Verwendung Ionischer Flüssigkeiten als Lösungsmittel in einem Lyocell-Prozess konnten gewonnen werden
  • eine weitere Verbesserung der Adsorbereigenschaften lässt sich nur durch feinere Partikel und deren homogener Verteilung im Formkörper erreichen