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Erweiterung der theoretischen Grundlagen für die Konzeption von C-Faser-Composites mit dem Ziel der Verbesserung der Faser-Matrix- Haftung zu Harzen und zu thermoplastischen Polymeren

Projektleiter:                         Dr. rer. nat. Axel Nechwatal
Projektnummer:                   BMWi / INNO-KOM-Ost, VF 140043
Laufzeit:                                01. 11. 2014 – 30. 04. 2017

Aufgabenstellung

Nur bei hinreichend guter Anbindung der Fasern an die Matrix kommt das Verstärkungsmaterial im Verbundwerkstoff voll zur Geltung. Weiterhin ist die optimale Adhäsion Voraussetzung für die Beständigkeit gegen praktische Belastungen, vor allem Feuchtigkeit in Verbindung mit Temperaturschwankungen und dynamischer Beanspruchung. Dies wird bei Composites auf Basis der hochsteifen/hochfesten Carbonfasern (CF) besonders wichtig

Es gibt eine Substanz, die genau wie CF ebenfalls (nahezu) vollständig aus Kohlenstoff besteht – der Ruß. Auch Ruß dient als Verstärkungsmaterial, und zwar für Kautschuke, und man findet gewisse Parallelen zu CF: Ruß entsteht aus der unvollständigen Verbrennung bzw. Pyrolyse von organischen Substanzen. Je nach Ausgangsstoff und Herstellungsverfahren unterscheiden sich die einzelnen Rußtypen in ihrer Oberflächenaktivität, von der unter anderem die bemerkenswerten Effekte im Kautschuk ausgehen – diese Effekte bestehen vor allem in der Erhöhung der Steifheit und Festigkeit von Kautschuk-Compounds.

An diesem Punkt setzte die Idee des Projektes an: Im Bereich der Elastomere existiert ein jahrzehntealtes, umfangreiches Wissen zu den Zusammenhängen zwischen den Eigenschaften der verschiedenen Ruße und deren Effekt im Kautschuk. Es wurde nun untersucht, ob und inwieweit man die Erkenntnisse des Systems Ruß/Kautschuk auf das System CF/Kunststoff übertragen kann:

  1. Entwicklung neuer Verfahren zur Abschätzung der Oberflächenaktivität von CF, insbesondere durch die Sorption geeigneter Farbstoffe – als Indikator der Verstärkungswirkung von CF für Kunststoffe
  2. Nutzung der Kenntnisse über die Verstärkung von Kautschuk durch Ruß für die Bewertung der CF-Effekte in Kunststoffen – Korrelation zwischen den Eigenschaften der CF und den resultierenden Parametern des Elastomers

Ergebnisse

Es wurde eine Methode entwickelt, unterschiedliche CF über die Sorption von Farbstoff zu differenzieren. Als brauchbar erwiesen sich bestimmte kationische Farbstoffe. Überraschenderweise liegen die Unterschiede zwischen den CF-Typen an sich, aber auch nach deren thermischen bzw. extraktiven Manipulationen, recht niedrig. Dies untersetzen auch  etablierte Methoden aus der Rußanalytik. Dagegen heben sich Ruße in ihrer Sorption von den CF deutlich ab.

Der andere Ansatz bestand darin, das Phänomen der Verstärkung von Kautschuk mit Ruß zu nutzen. Wichtigster Indikator für die Verstärkung eines Füllstoffs in Kautschuk ist das Spannungs-Dehnungs-Verhalten. CF führen zwar zu einer höheren Steifheit bei niedriger Dehnung, aber zu einer drastisch geringeren Festigkeit als Ruß. Bemerkenswert ist weiterhin, dass sich Art, Menge und Länge der CF in nur geringem Maße auf das Elastomers auswirken.

Offensichtlich unterschieden sich Ruß und CF, trotz vieler Ähnlichkeiten in Herstellung und Struktur, grundlegend im Sorptionsverhalten sowie im Effekt in Kautschuken. Die Ursachen dafür werden vermutet

  • in der Morphologie: CF liegen als glatte Fasern mit hohem Aspektverhältnis, Ruße dagegen als hierarchische Einheit aus Primärpartikeln -> Aggregaten -> Agglomeraten vor,
  • in der physikalischen Oberflächenaktivität: sie hat bei Ruß ihren Ursprung maßgeblich in der ungeordneten Ausbildung der kristallographischen Struktur, während CF kristallographisch jedoch hochgeordnete Gebilde darstellen, was für die Kautschukverstärkung ungünstig zu sein scheint,
  • in der Dichte der funktionellen Gruppen: Ruß und CF tragen zwar die gleichen Gruppen an der Oberfläche, aber Ruß vermutlich eine weit größere Anzahl,
  • in der Hochtemperaturbehandlung der CF, die bei Ruß in dieser Form nicht stattfindet: wie man aus der Literatur weiß, nimmt der verstärkende Effekt der Ruße auf Kautschuk durch thermische Nachbehandlungen deutlich ab.

Anwendung

Längst haben CF-verstärkte Kunststoffe ihren Status als ausschließliches Hightech-Material für die Luft- und Raumfahrt verloren und sind in vielen Bereichen der Wirtschaft angekommen, zum Beispiel beim Bau von Windkraftanlagen oder im Sport- und Freizeitsektor. Der Markt entwickelt sich sehr dynamisch; in den nächsten Jahren erwartet man zweistellige Wachstumsraten für die CFK-Produktion.

Seit einigen Jahren zeigt auch die Automobilindustrie ein starkes Interesse an CF-Composites, inzwischen gibt es erste Serienfertigungen. Gerade die Besonderheiten der Fahrzeugindustrie – kurze Entwicklungszeiten, hohe Stückzahlen, hochproduktive Prozesse und die Notwendigkeit von werkstofflichem Recycling sowohl der Vorstufen als auch der Produkte – bringen neue Gesichtspunkte auf diesem Gebiet. Dies hat zur Folge, dass etablierte Verfahren von CF-Verbunden neu zu konzipieren sind und auch in Richtung anderer Matrices mit entsprechenden Problemen bei der Faser/Matrix-Anbindung gedacht werden muss.