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Vier weitere Start-ups kooperieren mit dem TITK

Der Thüringer Gründerwettbewerb „get started 2gether“ wird immer populärer: Nicht weniger als 16 junge Unternehmen traten bei der diesjährigen Finalrunde ins Rampenlicht, um die Jury und das Publikum von ihrer Geschäftsidee zu überzeugen. So wurde es ein langes, aber wiederum hoch interessantes Tagesprogramm am 30. März 2023 am Institut für Angewandte Bauforschung (IAB) in Weimar. Am Ende vereinbarten gleich vier erfolgreiche Gründerteams eine Zusammenarbeit mit dem TITK. Darunter auch die Gewinnerin des Publikumspreises 2023: Cosima Richardson mit ihrem Start-up "Kynd Hair".

Die Berlinerin startete als Erste in die Finalrunde in Weimar und zog das Publikum mit ihrer sympathischen Art und ihrem perfekten Pitch sofort in ihren Bann. Ihr erst im Januar gegründetes Einzelunternehmen "Kynd Hair" will die weltweit ersten haut- und umweltfreundlichen Kunsthaare für schwarze Frauen entwickeln und vermarkten. Die Basis dafür sollen die besonders nachhaltigen Lyocellfasern bieten. Und so verwundert es nicht, dass Cosima Richardson auf die Unterstützung des TITK Rudolstadt mit seiner weltweit geachteten Expertise in der Cellulose-Forschung baut.

TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer freut sich sehr über diese Entscheidung: „Als nicht grundfinanzierte wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung, welche auch Erfahrung mit eigenen Ausgründungen hat, sprechen wir die gleiche Sprache wie die innovativen Start-ups. Gemeinsam wissen wir, worauf es ankommt.“

Haar-Extensions aus nachhaltigen Lyocellfasern

"Kunsthaare sind ein essenzieller Bestandteil der afrikanischen Haarkultur", weiß Cosima Richardson. "Janet Jackson, Serena Williams oder Beyoncé - jede zweite schwarze Frau verwendet regelmäßig Kunsthaar, doch die derzeit verfügbaren Produkte bestehen meist aus PVC oder Acryl - synthetischen Polymeren, die aus fossilen Energieträgern gefertigt werden.“ Die Inhaltsstoffe dieser Materialien können toxisch, hormonell wirksam oder sogar krebserregend sein und sind zudem nur schwer recycelbar, betont Richardson. "Etwa ein Drittel der Verwenderinnen leidet an Juckreiz und Hautirritationen."

Mit der aktuell wohl nachhaltigsten Textilfaser soll sich das nun ändern. Lyocell besteht aus regenerierter Cellulose, die in einem umweltschonenden Verfahren aus FSC-zertifizierten Hölzern gewonnen wird. Werden daraus nun innovative Kunsthaare, so verbessert sich nicht nur das Angebot an schwarze Frauen. Cosima Richardson sieht darin auch einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Kunststoff-Abfall. "Allein in den USA und Europa fallen pro Jahr schätzungsweise 6 bis 8 Millionen Kilogramm Kunsthaarabfälle an."

Bekleidung recyceln – immer und immer wieder

Umwelt- und Ressourcenschutz ist auch das Thema des zweiten Start-ups, das nun einen „Letter of Intent“ mit dem TITK unterschrieben hat: Das Gründerteam von „Circ DE“ schreibt sich die Forcierung des Textilrecyclings auf die Fahnen und trägt die Kreislaufwirtschaft bereits im Firmennamen. Circ DE ist eine deutsche Dependance des vor zwei Jahren gegründeten US-amerikanischen Unternehmens Circ. Dieses hat eine Technologie entwickelt, die Kleidung wieder in jene Rohstoffe zerlegt, aus denen sie einst hergestellt wurde. Das ambitionierte Ziel lautet: Wir schützen unseren Planeten vor den explodierenden Kosten für Bekleidungstextilien. So will Circ bis zum Jahr 2030 nicht weniger als 10 Milliarden Kleidungsstücke recyceln und damit mehr als 100 Millionen Bäume retten.

Die wissenschaftliche Leiterin von Circ, Dr. Julie Willoughby, verantwortet auch die deutsche Niederlassung, die erst am 9. März dieses Jahres in Rudolstadt gegründet wurde und sich nun mit Erfolg bei "Get started 2gether" beworben hat. "Die unmittelbare Nähe zum TITK ist ein idealer Standort für unser Team, um die Entwicklung von kreislauffähigen Polyesterfasern aus Textilien zu beschleunigen", sagt Dr. Willoughby. Die Polyester-Monomere als Ergebnis des Recyclings sind die Bausteine für die Herstellung neuer Polyesterfasern und -filamente, welche für Bekleidung, Schuhe und andere weiche Waren geeignet sind. Dabei wird der im Originalprodukt eingesetzte Baumwollzellstoff nun in die umweltfreundlicheren Lyocellfasern oder -filamente umgewandelt.

Keimfreies Wasser dank innovativem UV-Licht-System

Mit einer neuen Lösung für das Sterilisieren von Wasser konnte das Start-up "Unlimited Ventures" aus Bad Blankenburg punkten. Die im Jahr 2020 gegründete GmbH ist auf dem Markt bereits mit einem mobilen Gerät zur Luftreinigung vertreten, das gegen Viren und Bakterien wirkt und so auch in der Corona-Pandemie erfolgreich war. Die bisher verwendete Technologie, die auf  photokatalytischen UV-Systemen und Lichtrecycling basiert, soll nun so weiterentwickelt werden, dass man damit auch Wasser keimfrei machen kann.

"Hierbei stehen im ersten Schritt der Aufbau und die Untersuchung von verschiedenen Demonstratoren im Fokus", sagt Geschäftsführer Tobias Lukas. "Die Erprobung der Effizienz und der Effektivität soll in Zusammenarbeit mit dem TITK erfolgen. Das TITK ist hierbei mit seiner Materialexpertise, der Expertise in der Untersuchung von antibakteriellen Systemen sowie den für das Lichtrecycling notwendigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Polymerrohstoffe der ideale F&E-Partner." Das Potenzial einer solchen Innovation gilt als riesig - gerade für die Trinkwasseraufbereitung, aber auch für den Wachstumsmarkt Indoor-Farming oder die Qualitätssicherung in der Fischzucht.

Mikroorganismen in Industrieprozessen sicher aufspüren

Einen vollautomatischen Online-Sensor zur Erkennung von Mikrorganismen in Anlagen der Lebensmittel- und Bioprozessindustrie stellte das Jenaer Start-up "FluIDect" vor.  Der Biosensor nutzt die Technologie der Fluoreszierenden Resonator-Signatur (FRS). Er kann Herstellungsprozesse wirtschaftlich optimieren und die Sicherheit der erzeugten Stoffe und Lebensmittel für den Menschen erhöhen, konstatierte Geschäftsführer Dr. Tobias Schröter.

Er zeigte zwei Stoßrichtungen dieser Innovation auf: Einerseits soll sie Keime, wie Bakterien oder Pilze, als Auslöser von schweren Krankheiten und Lebensmittelvergiftungen schnell und sicher in Flüssigkeiten erkennen. Andererseits lassen sich damit Verfahren, in denen absichtlich Mikroben eingesetzt werden, lückenlos überwachen - also auch besser steuern. Mit diesem Know-how will man kommerzielle Kunden der Wasserwirtschaft, der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung sowie der Fermentationsindustrie ansprechen.

Das Start-up arbeitet bereits mit der Universität Brüssel und dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena zusammen. In Kooperation mit dem TITK Rudolstadt soll nun  ein praxistauglicher Prototyp für den industriellen Einsatz entstehen.

Alle genannten Gründer-Teams können dank Förderung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft auch diesmal sechs Monate lang die komplette Infrastruktur des TITK nutzen und erhalten gleichzeitig eine Rundum-Betreuung durch erfahrene Wissenschaftler. „Das Programm ‚Get started 2gether‘ stößt inzwischen auch auf Bundesebene auf offene Ohren und ist attraktiv für Venture-Capital-Geber, da die Partner-Forschungseinrichtungen neben ihrer eigentlichen Aufgabe auch wertvolle Inhalte zur Evaluierung der Start-ups für potenzielle Investoren beisteuern können“, freut sich Benjamin Redlingshöfer.

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Das Start-up "Kynd Hair" von Cosima Richardson gewinnt den Publikumspreis bei der Finalrunde 2023 des Wettbewerbs "Get started 2gether". TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer (links) und FTVT-Vorsitzender Dr. Ulrich Palzer freuen sich. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)
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Geschäftsführer Tobias Lukas (r.) von der Unlimited Ventures GmbH Bad Blankenburg und TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer zeigen den Letter of Intent für die Kooperation. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)
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Auch mit dem Start-up FluIDect gibt es jetzt eine Kooperation. Geschäftsführer Dr. Tobias Schröter (rechts) mit Benjamin Redlingshöfer. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)
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Dr. Julie Willoughby von Circ DE freut sich mit TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer auf die weitere Zusammenarbeit. (Foto: TITK/Steffen Beikirch)