Die bereits 7. Pitch-Veranstaltung des Thüringer Technologie-Wettbewerbs „Get started 2gether“ fand am 21. März 2024 in Erfurt statt. Ergebnis: Von den 14 angetretenen Start-ups konnten acht die Jury überzeugen und gehen nun dank Förderung des Thüringer Wirtschaftsministeriums eine Kooperation mit einem wirtschaftsnahen Forschungsinstitut ein. Das TITK hat auf diesem Weg gleich drei neue Partner gefunden und wird nun gemeinsam mit den Gründern deren Erfindung weiter zur „Serienreife“ treiben. Nachhaltige Kunststoffe und Textilien stehen bei allen ganz klar im Fokus.
Publikumsliebling war in Erfurt die in|stead GmbH aus Jena, eine ganz frische Ausgründung der Friedrich-Schiller-Universität. Das kleine Team aus drei Chemikern und Umweltchemikern widmet sich nachhaltigen und kunststofffreien Modifizierungen von Oberflächen. Beworben hat sich das Start-up mit einem Verfahren für Markierungsfilamente. Diese Marker werden z.B. in Textilien eingesetzt, um Originale von Plagiaten zu unterscheiden oder dem neuen Lieferkettengesetz gerecht zu werden. Damit die Filamente ihre Eigenschaften nach dem Färben beibehalten, werden sie mit einem patentierten Verfahren wasserabweisend gemacht. Für diese sogenannte Hydrophobierung setzt in|stead keine Kunststoffe oder perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFCs), sondern ausschließlich nicht-toxische, biologisch abbaubare und umweltfreundliche Verbindungen ein. Der Prozess ist im Labormaßstab erfolgreich erprobt. Zur Skalierung in den halbindustriellen Maßstab können die Jenaer Wissenschaftler nun auf die langjährige Expertise des TITK zurückgreifen.
Prof. Dr. Melik Demirel, Gründer der Firma Tandem Repeat, stammt aus Philadelphia (USA). Sein Start-up hat eine bioabbaubare Proteinfaser für besonders nachhaltige Kleidung und Textilien entwickelt. Der Produktionsprozess besteht aus zwei entscheidenden Schritten: Bioproduktion des Proteinpulvers und Lösungsspinnen der Faser namens „Squitex“. „Unsere einzigartige Proteinfaser ermöglicht es uns, den Kohlenstoffausstoß, den Energieverbrauch und die Wasserverschmutzung zu reduzieren“, betont Demirel. Sein Start-up hat die Herstellung von Proteinpulver bereits in einer Größenordnung von 100 Tonnen etabliert. Nun soll auch die Faserproduktion vom Kilogramm- auf den Tonnenmaßstab skaliert werden. Dafür will Tandem Repeat den Prozess des Lösungsspinnens mit dem TITK weiterentwickeln und effizient gestalten.
Und auch ein „alter Bekannter“ geht nun nochmals eine Kooperation mit dem TITK ein: die Polytives GmbH. Die überaus erfolgreichen Jenaer Gründer Viktoria Rothleitner und Oliver Eckardt waren bereits 2020 Sieger bei „Get started 2gether“ und gewannen im gleichen Jahr den IQ Innovationspreis Mitteldeutschland. Inzwischen ist das Start-up nach Rudolstadt umgezogen. Das neueste Vorhaben heißt: „PHA-Optimierung: Erweiterte Verarbeitungsfenster durch Polytives bFI-Additive“. PHA – Polyhydroxyalkanoate – sind nachhaltige Biopolyester, die auf natürlichem Wege, u.a. aus Bakterien gewonnen werden. Sie sind biologisch abbaubar und thermoplastisch verarbeitbar. Doch besitzen sie unzureichende Verarbeitungseigenschaften, sodass sie häufig sehr spröde sind und sich bereits bei Temperaturen knapp oberhalb des Schmelzpunktes zersetzen. Ein neues Additivsystem von Polytives soll dieses Problem lösen, indem es die Verarbeitung verbessert und das Prozessfenster erweitert. „Zielgruppen sind Kunststoffverarbeiter mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit“, erläutert Oliver Eckardt.
Mit Hilfe des TITK sollen mehrere PHA-Typen mit den aktuell verfügbaren bFI-Additiven versetzt und deren Verteilung in der Polymermatrix beobachtet werden. Hierzu sollen die Verarbeitungsbedingungen im Spritzguss, speziell die Temperaturen und Einspritzdrücke untersucht werden. Sobald ein Additiv für die Senkung der Prozesstemperatur gefunden wurde, sollen biologische Abbaubarkeitsstudien gestartet werden.
Der Freistaat Thüringen unterstützt die acht ausgewählten Start-ups mit einer Fördersumme von insgesamt einer Million Euro. „Gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium hat der FTVT hier ein deutschlandweit einmaliges Programm geschaffen“, konstatiert TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer. Es trage sehr konkret dazu bei, die Innovatorenquote deutlich zu erhöhen, was angesichts der Herausforderungen des technologischen Wandels auch zwingend nötig sei. Zugleich empfindet Redlingshöfer die Zusammenarbeit mit den Start-ups als gewinnbringend für beide Seiten: „Wir freuen uns, auf die neuen Kooperationen, denen wir nun unsere Expertise, technische Ausstattung und unsere Netzwerke zur Verfügung stellen.“ Gleichzeitig sei es auch sehr inspirierend, regelmäßig neue Start-ups im Haus zu haben.