Dass Schüler, Studenten oder Doktoranden am TITK praktische Erfahrung sammeln oder ihre Forschung vertiefen, ist nichts Ungewöhnliches. Aber ein gestandener Professor aus Fernost? Das gibt es auch hier nicht alle Tage. Für sechs Monate tauschte jetzt Prof. Dr. Keiichiro Sano aus Yokohama (Japan) seinen Job an der Universität gegen einen Platz am Forschungsinstitut im thüringischen Rudolstadt. Dieser für beide Seiten sehr wertvolle wissenschaftliche Austausch ging nun vor wenigen Tagen zu Ende. Der Gast aus dem Land der aufgehenden Sonne weilte zuvor in den USA. In Deutschland wusste er die Freiheit von Wissenschaft und Forschung sehr zu schätzen.
Dr. Keiichiro Sano ist Professor für symbiotisches Design an der Kanto Gakuin Universität, einer privaten, christlich geprägten Hochschule in der Präfektur Kanagawa. Sie kann auf eine über 140-jährige Geschichte zurückblicken und zählt knapp 11.000 Studenten. Zwischen der Universität und dem TITK besteht seit längerem eine Kooperation.
Herr Prof. Dr. Sano, wie kam Ihre Verbindung zum TITK zu Stande, und warum wollten Sie nun einen längeren wissenschaftlichen Aufenthalt ausgerechnet hier?
Unsere Zusammenarbeit begann im August 2006, als Dr. Renate Lützkendorf vom TITK einen Hauptvortrag am Yamanashi Prefectural Institute of Environmental Science hielt, wo ich zuvor gearbeitet habe. Schon davor bestand eine Beziehung zwischen der Universität Kassel und dem Kyoto Institute of Technology (KIT). Die Universität Kassel stellte das TITK über das KIT der Regierung der Präfektur Yamanashi vor.
Seit dem TITK-Vortrag in Yamanashi war ich jedes Jahr, außer während der COVID-19-Pandemie, ein- oder zweimal für etwa fünf Tage am TITK, um Ideen auszutauschen und Forschung zu betreiben. Dabei widmeten wir uns gemeinsam einer Desodorierungstechnologie für PP/Flachsfaser-Verbundwerkstoffe oder arbeiteten an der Entwicklung von PP/Bambusfaser-Verbundwerkstoffen inklusive einer Ökobilanz.
Weiterhin besuchen meine Studenten jedes Jahr einen Tag lang das TITK und halten Vorträge bei einer Austauschveranstaltung. Dr. Thomas Reußmann vom TITK hielt wie seine Vorgängerin mehrfach Keynote-Vorträge an meiner Universität und auf einer japanischen Konferenz.
Ich selbst habe am TITK sehr fortschrittliche Technologien kennengelernt. Nun wollte ich etwas länger am Institut bleiben, um einige neue Forschungsprojekte zu starten. Für diese Möglichkeit bin ich sehr dankbar.
Mit welchen Aufgaben und Projekten waren Sie konkret betraut?
Ich habe an der Entwicklung von PP/Cellulose-Nanofaser-Verbundwerkstoffen gearbeitet. Dazu gibt es eine Kooperation des TITK mit zwei japanischen Universitäten und drei Unternehmen.
Weitere Projekte betreffen die Ökobilanz von Elektrofahrzeugen und die Ökobilanz des Recyclings von glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK), hier speziell auch in Zusammenarbeit mit der TU Ilmenau. Dazu hat mich Robert Hartmann vom TITK mit Frau Shiva Mohammadkarimi vom Fachgebiet Kunststofftechnik der TU Ilmenau bekanntgemacht. Nun forschen wir hier gemeinsam.
Welche Anknüpfungspunkte wird es zwischen Ihnen und dem TITK in Zukunft geben?
Wir werden die Arbeit an den drei laufenden Projekten fortsetzen. Außerdem würde ich gerne weiterhin jedes Jahr mit meinen Studenten das TITK besuchen.
Nächstes oder übernächstes Jahr plane ich, bei der japanischen Regierung eine Reiseunterstützung zu beantragen, damit vier junge Ingenieure des TITK eine Woche lang in Japan bleiben können. Ich möchte sie mit der japanischen Technologie – sowohl mit Universitäten als auch mit Unternehmen – bekanntmachen, und wir wollen neue Projekte zwischen dem TITK und Japan finden.
Am vergangenen Wochenende trat Prof. Dr. Sano nun wieder die Heimreise an. Zuvor wurde er von TITK-Direktor Benjamin Redlingshöfer, Abteilungsleiter Dr. Thomas Reußmann und der stellvertretenden Abteilungsleiterin Carmen Knobelsdorf offiziell verabschiedet. „Von unserer Seite stehen Ihnen alle Türen offen für eine weitere Vertiefung unserer Zusammenarbeit“, betonte Benjamin Redlingshöfer zum Abschied und überreichte Prof. Dr. Sano ein bayrisch-thüringisches Abschiedsgeschenk: fränkischen Wein im Bocksbeutel, handgemachte Pralinen aus Erfurt sowie zwei Paar Socken mit der am TITK entwickelten, hautpflegenden Cell Solution® SKIN CARE-Faser mit Vitamin E.
Ein Wiedersehen wird es noch in diesem Jahr und gleich doppelt geben: Schon im Juni reist Benjamin Redlingshöfer zur Weltausstellung Expo nach Osaka und plant dank Prof. Dr. Sano unter anderem auch ein Treffen mit der Führung der Kanto Gakuin Universität. Im September dann will Prof. Dr. Sano bereits mit den nächsten Studenten nach Rudolstadt kommen.